Seit Generationen gehören Hochstammobstbäume zu dieser Landschaft. Früher wurden hier nicht nur köstliche Früchte geerntet. Auch Vieh weidete friedlich im Schatten der Baumkronen. Die extensiv genutzte Mähwiese oder Viehweide als Unterkultur zusammen mit dem lockeren Baumbestand bietet Unterschlupf und Nahrung für viele Insekten- und Vogelarten. 

In der Schweiz brüten bis zu 35 Vogelarten im Lebensraum der Hochstammobstgärten. Vogelarten wie der Steinkauz oder der Grünspecht schätzen Hohlräume in den alten Bäumen als ideale Nistplätze. Aber nicht nur sie nutzen diese Behausung. Auch der Wendelhals oder die flinken Meisen und weitere Bewohner wie der Sieben- und Gartenschläfer sowie verschiedene Fledermäuse nutzen diese Behausung. Viele dieser Arten brüten aber auch in geeigneten Nistkästen, die an jungen Bäumen angebracht werden.

Andere Arten, wie der Distelfink und der Rotkopfwürger, bauen ihre Nester in den Astgabeln. Zahlreiche Insektenarten finden hier ein vielseitiges Futterangebot und bilden die Nahrungsgrundlage für Vögel und Fledermäuse. Die süssen Früchte werden auch von Garten- und Siebenschläfern gerne verspeist. 

Doch unsere einzigartige Kulturlandschaft ist bedroht. Seit den 1950er Jahren sind viele der Hochstammobstbäume verschwunden. Der Bestand ist von etwa 14 Millionen auf heute noch rund 2 Millionen Stück gesunken. Gründe sind die intensivere Landwirtschaft, die veränderte Bodennutzung, der zunehmende Siedlungsbau aufgrund des Bevölkerungswachstums oder die Ausbreitung von Krankheiten wie dem Feuerbrand (ab 1989).

Doch es gibt Hoffnung. Seit 1980 setzen sich verschiedene Projekte für den Erhalt und die Förderung unserer Hochstammobstgärten ein. Sie möchten diese «europäischen Savannen» mit ihrem halboffenen Landschaftscharakter als Kulturerbe bewahren. Und diesen wertvollen Lebensraum mit seiner ökologischen Vielfalt fördern.

Artenportraits

Steinkauz

Foto: Rusty Watson

Der Steinkauz ist in offenen Landschaften anzutreffen. Seine weissen Augenbrauen verleihen ihm einen strengen Blick. Durch das Siedlungswachstum und durch Intensivierung der Landwirtschaft schwanden seine Lebensräume in den letzten Jahrzehnten ­dramatisch.

  • Beobachtungszeitraum: Ganzjährig
  • Grösse: 21-23 cm
  • Erkennungsmerkmal: Kleine Eule mit niedriger Stirn und flachem Kopf; Schwanz kurz; cremefarbene Überaugenstreifen und gelbe Augen. Das Gefieder ist braun mit weißen Tupfern, markant sind zwei weiße "Augenbrauen".
  • Nahrung: Insekten, Kleinsäuger, Reptilien, Würmer, im Winter auch auf Kleinvögel.
  • Lebensraum: Kulturland, Obstgärten, bevorzugt offene Landschaften wie Felder, Wiesen und Gärten mit Gehölzen. Brütet in Gebäudenischen, Steinmauern, Baumhöhlen oder Felswänden.
  • Gefährdungsstatus: Stark gefährdet

Schutz: Fördermaßnahmen beinhalten den Erhalt und die Neuanpflanzung von Hochstammobstgärten und Eichenhainen sowie die Förderung eines vielfältigen Mosaiks aus extensiven Wiesen und Weiden im Obstgarten. Auch das Schaffen von Nisthilfen ist wichtig

Beobachtungstipp: Der Ruf des Steinkauzes klingt wie ein scharfes und vorwurfsvolles "kwiew", während sein Gesang ein weiches und lang gedehntes "guuuuuuhk" ist.

Quellen:

Vogelporträt: Steinkauz – NABU
vogelwarte.ch - Steinkauz
Vogel des Jahres 2021: Steinkauz | BirdLife Schweiz/Suisse/Svizzera

Der Gartenschläfer verdankt seinen Namen seinem ausgiebigen Winterschlaf, den er von Oktober bis April hält. Anders als Astronaut:innen nach einer Weltraumreise ist er nach dem Aufwachen sofort wieder munter.

  • Beobachtungszeitraum: Frühling – Herbst
  • Grösse: 11-15 cm
  • Erkennungsmerkmal: Schwarze "Zorro"-Maske und schwarzweiße Schwanzquaste unterscheiden ihn vom Siebenschläfer.
  • Nahrung: Vielseitiger Allesfresser: Frösche, Eidechsen, Vögel, Insekten, Würmer, Schnecken, Früchte und Samen.
  • Lebensraum: Ursprünglich im Wald beheimatet. Geeignete Wälder mit Totholz, Baumhöhlen, felsigen Abschnitten sind selten geworden. Als Ersatz wurden vielfältige Kulturlandschaft mit Obstgärten, Hecken und gut zugänglichen Scheunen genutzt. Mit der Intensivierung der Landwirtschaft ist der Lebensraum für Gartenschläfer jedoch auch ausserhalb des Waldes dramatisch geschrumpft
  • Gefährdungsstatus: Nicht gefährdet, jedoch scheint er in der Schweiz auf dem Rückzug.

Schutz: Bietet im Garten Versteckmöglichkeiten wie Höhlenbäume, Sträucher und Steinhaufen. Vermeidet den Einsatz von Rattengift und deckt Regentonnen ab, um das Ertrinken von Gartenschläfern zu verhindern.

Beobachtungstipp: Der nachtaktive Gartenschläfer ist meist gegen Mitternacht unterwegs auf Nahrungssuche.

Quellen:

Tier des Jahres 2023: Der Gartenschläfer | Greenpeace
Der Gartenschläfer ist das Tier des Jahres 2022 | Pro Natura
Gartenschläfer: Tier mit Superkräften - NABU

Gefährdestatus: Der Gartenschläfer ist das Tier des Jahres 2022 | Pro Natura

Obwohl der Klimawandel eigentlich vorteilhaft für diese mediterrane Art wäre, ist der Rotkopfwürger in der Schweiz praktisch ausgestorben. Der wärmeliebende Vogel bewohnte einst hauptsächlich die extensiv genutzten Streuobstwiesen, deren Rückgang und intensivere Nutzung zum fast vollständigen Verschwinden des attraktiv gefärbten Rotkopfwürgers beigetragen haben.

  • Beobachtungszeitraum: April - September
  • Grösse: 17-19 cm
  • Erkennungsmerkmal: Rotkopfwürger sind etwas größer als Neuntöter, schwarzweiß gefärbt mit rotbraunem Scheitel und Hinterkopf, hellem Bürzel und weißem Schulterstreifen. Die Weibchen sind etwas schlichter gefärbt.
  • Nahrung: Grossinsekten, vor allem Käfer, Hautflügler und Schmetterlinge.
  • Lebensraum: Hochstammobstgärten in tiefen Lagen (meist unterhalb 600 m ü.M.) mit extensiv bewirtschafteten, lückigen Weiden und Wiesen. Ein reichhaltiges und gut erreichbares Nahrungsangebot, vor allem Großinsekten, ist wichtig.
  • Gefährdestatus Vom Aussterben bedroht! Die Art ist unmittelbar vom Verschwinden aus der Schweiz bedroht.

Quellen:

Neue Rote Liste der weltweit gefährdeten Arten zeigt die Biodiversitätskrise – weltweit und besonders stark in der Schweiz | BirdLife Schweiz/Suisse/Svizzera
vogelwarte.ch - Rotkopfwürger

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